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Ausbildung Straßenwärter - "Erfahrungsbericht"

 

Gegen 9.30 Uhr kann es zusammen mit dem derzeit einzigen Straßenwärter-Azubi bei der Straßenmeisterei Tauberbischofsheim Fabian Schenkel und dem langjährigen Straßenwärter Dieter Weinig losgehen. Sie sind mit warmen orangefarbenen Warnjacken ausgestattet. Bevor die Streckenkontrolle beginnt, wird im Lager der Straßenmeisterei Tauberbischofsheim das Nötige herausgesucht. Hier sind über 1000 Schilder sowie Absperrungen und viele andere Materialien untergebracht. Bei der Streckenkontrolle sollen Verkehrsschilder, Leitpfosten und Stationszeichen gegen neue ausgetauscht werden. Stationszeichen stehen am Straßenrand und dienen den Straßenwärtern zur Orientierung und genauen Positionsermittlung beispielsweise bei einer Unfallmeldung. Bei seiner letzten Streckenkontrolle hat sich der Straßenwärter genau notiert, an welchen Straßen alte Schilder oder kaputte Stationszeichen ausgetauscht werden müssen.

Also füllen die beiden das orangefarbene Fahrzeug mit der Aufschrift „Streckenkontrolle“ mit den benötigten Schildern und Leitpfosten und fahren in Richtung Königshofen los. „Wir sind hauptsächlich für die Verkehrssicherheit zuständig“, erklärt Dieter Weinig. Sein „Revier“ endet in der Ortsmitte Unterbalbach an der Abzweigung nach Oberbalbach. Ab diesem Punkt sind die Kollegen der Straßenmeisterei in Bad Mergentheim zuständig. Also geht es links nach Oberbalbach, und kurz nach der Ortsausfahrt wartet auch schon die erste Aufgabe auf die beiden Straßenwärter.

Heute darf Fabian ran und ein altes Verkehrsschild auf beiden Straßenseiten gegen ein neues auswechseln. Es reflektiert kaum mehr und kann daher vor allem in der Nacht gefährlich werden. „Wir müssen ruhig die Azubis auch mal was machen lassen“, sagt Weinig. Schließlich kann es sein, dass Fabian bei seiner praktischen Prüfung im Sommer diesen Jahres auch ein Schild austauschen muss. Unter den Anweisungen des erfahrenen Straßenwärters steigt Fabian flink die Leiter hinauf und macht sich an dem alten Schild zu schaffen. Bei der Ausrichtung des neuen Verkehrsschilds sind Teamarbeit und Präzision gefragt. Das gleiche noch auf der anderen Straßenseite, und weiter geht es über Deubach in Richtung Messelhausen.

Die Tachonadel zeigt höchstens 50 km/h, denn Weinig hält während des Fahrens genau Ausschau nach etwas, das die Verkehrssicherheit beeinträchtigen könnte. „Heutzutage wird alles genauer gemacht“, weiß er aus eigener Erfahrung. Ein Ast, der leicht in die Fahrbahn ragt, wird sofort von ihm beseitigt. Der nächste Stopp ist kurz vor Messelhausen. Hier müssen einige Leitpfosten, die teilweise noch aus dem Jahr 1980 sind, ausgetauscht werden. Dabei ist Handarbeit gefragt, denn auch die Fundamente der Leitpfosten werden getauscht. Fabian muss genau überlegen, wie das neue Fundament eingesetzt werden muss. Zuerst zu überlegen, bevor man anfängt, ist nach Weinigs Worten das Wichtigste. Man merkt den beiden an, dass die Arbeit sehr anstrengend ist. Sie müssen kräftig mit dem Hammer zuschlagen, damit der Leitpfosten gut im Boden verankert wird. „Kraft braucht man schon“, sagt Weinig über den Beruf des Straßenwärters, aber das sei lange kein Vergleich zu manchen Arbeiten, die er vor 35 Jahren machte. „Da haben wir die Fundamente mit den Händen rausgerissen. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen, das war ein Knochenjob“. Heutzutage gibt es für vieles Maschinen, die den Straßenwärterndie Arbeit erleichtern.

Bevor sie die nächsten Leitpfosten auswechseln, wird noch der Dreck von der Straße gekehrt und der neue Leitpfosten geputzt. Nach dem vierten Leitpfosten meint Fabian trotz eisiger Kälte: „So langsam wird’s warm!“, sodass er sogar seine dicke Jacke auszieht. Die Kälte macht den beiden kaum mehr etwas aus. „Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung“, meint Weinig und erzählt, dass sie auch bei minus 20 Grad im Freien arbeiten müssen. Dafür ist es im Frühling umso schöner, den ganzen Tag an der frischen Luft zu sein. Er wollte seinen Beruf gegen keinen anderen tauschen und beschreibt ihn als vielfältig und immer interessant. Jetzt geht es wieder in das warme Führerhaus des Fahrzeugs und über Grünsfeld und Distelhausen in Richtung Tauberbischofsheim zurück. Am Straßenrand der B 290 bauen die beiden noch schnell zwei Verkehrsschilder ab, die nur vorübergehend dort standen. „An einer Bundesstraße zu arbeiten ist besonders gefährlich“, erläutert Weinig.

Während der Fahrt erzählt der 17-Jährige Fabian aus Oberbalbach, dass die Ausbildung zum Straßenwärter drei Jahre dauert. Sie besteht zum einen aus der schulischen und überbetrieblichen Ausbildung, die zentral für alle Azubis aus ganz Baden-Württemberg an der Gewerblichen Berufsschule Nagold beziehungsweise im Ausbildungszentrum der Straßenbauverwaltung in Nagold stattfindet und der praktischen Ausbildung in den Straßenmeistereien der Stadt- und Landkreise oder den Autobahnmeistereien des Landes.

 

Die beiden Straßenwärter verankern den neuen Leitpfosten gemeinsam im Boden.
Die beiden Straßenwärter verankern den neuen Leitpfosten gemeinsam im Boden.

Der Unterricht findet in unterschiedlich langen Blockeinheiten statt. Es werden Fächer wie Technische Mathematik, Fachzeichnen und Technologie, aber auch Wirtschafts- und Gemeinschaftskunde, Deutsch und Religion unterrichtet. An einem Tag in der Woche findet Werkstattunterricht statt. Dabei werden beispielsweise Rohre verlegt oder betoniert. Im Rahmen der überbetrieblichen Ausbildung absolvieren die Azubis auch einen Erste-Hilfe-Kurs, einen Motorsägelehrgang und erwerben den Lkw-Führerschein.

Während der Theoriephase sind die etwa 75 Auszubildenden pro Lehrjahr in Einzel- bis Sechserzimmern in Nagold untergebracht. Derzeit machen nur fünf Frauen in ganz Baden- Württemberg die Ausbildung zur Straßenwärterin, erzählt der Auszubildende.

Während der Praxiszeit in Tauberbischofsheim durchläuft er alle Bereiche der Straßenmeisterei, so darf er zum Beispiel auch auf einer Baustelle zum Straßenneu- oder Ausbau arbeiten, um Einblicke in das Bauwesen und beispielsweise den Bau von Entwässerungseinrichtungen zu erhalten.

In seiner Freizeit betätigt sich Fabian trotz seiner anstrengenden Arbeit am liebsten sportlich, spielt Volleyball, Fußball und geht gerne joggen. Er erzählt, dass seine Familie ihn vor drei Jahren wahrlich dazu überreden musste, in den Pfingstferien ein Praktikum bei der Straßenmeisterei zu machen. Obwohl er die meiste Zeit nur „mit dem Laubbläser rumgegangen ist“, hat ihm das Praktikum so viel Spaß gemacht, dass er schon nach kurzer Zeit wusste: „Das will ich machen!“. Also hat er auch in den nächsten Ferien freiwillige Praktika bei der Straßenmeisterei gemacht, bei denen er sich laut Weinig immer gut angestellt hat.

Nach erfolgreichem Abschluss wird Fabian voraussichtlich in einer Kolonne von vier bis fünf Straßenwärtern arbeiten, die Entwässerungseinrichtungen pflegen, Mäharbeiten durchführen, Müll beseitigen und für die Gehölzpflege verantwortlich sind. Er hat außerdem die Möglichkeit, einen zweijährigen Lehrgang mit Abschluss zum Straßenmeister zu machen oder sich als Bautechniker ausbilden zu lassen. „Diese Aufstiegsmöglichkeiten halte ich mir aber vorerst für meine Zukunft noch offen“, sagt Fabian.

Dieser Beitrag entstand im Februar 2014.

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